Freies Bauen für freie Investoren
Spätestens seit der letzten Finanzkrise explodieren die Immobilienpreise in ganz Deutschland. Grund und Boden ist auch hier bei uns in Hamminkeln schon längst zum Spekulationsobjekt geworden. Ob Ackerland, Gewerbeflächen oder Bauland, egal, Hauptsache es bringt Rendite. Und die bringt es, da Grund und Boden nicht an Wert verliert und momentan die so ziemlich stabilste Wertanlage ist. Befeuert durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank und steigender Baukosten ist der Traum vom Eigenheim für die Mittelschicht, soweit es sie noch gibt, ausgeträumt. Finanzkräftige Investoren bestimmen jetzt das Spiel. Die Höhe des Einsatzes bestimmt den Sieg. Die Anzahl der Wohneinheiten pro Spielfeld den Gewinn. Der beschlossene Verzicht auf Bebauungspläne in bestimmten Bereichen unserer Stadt hat die Spielregeln dort vereinfacht. Das Motto lautet jetzt: „Freies Bauen für freie Investoren !“
Junge Familien aus dem Spiel
Ja, aber wo ist denn jetzt überhaupt das Problem? Die Antwort ist einfach und ernüchternd: Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen können beim dem Spiel nicht mehr mitspielen. Sie werden in der Regel einfach überboten und müssen das Spielfeld verlassen. Und das ist ein soziales Problem. Doch was können wir vor Ort machen? Aufrechte BürgerInnen sollten im Moment Ihre Häuser und Grundstücke nicht mehr an Investoren verkaufen. Es gibt schon einige Vorbilder, die dieses Spiel nicht mehr mitmachen und zuerst an junge Familien denken. Geld ist nun mal nicht alles im Leben. Hut ab! Und die Kommune kann Potentialflächen aufkaufen und Bauland selbst vermarkten. Ja, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und die ersten Entscheidungen wurden auch schon getroffen.
Unsinn Planungsgewinn
Aber was nützt kommunales Bauland, wenn es dafür kein transparentes und sozial gerechtes Vergabeverfahren gibt. Das „Klassische Einheimischenmodell“, das die vergünstigte Überlassung von Bauland an junge, kinderreiche und ortsansässige Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen in den Fokus nimmt, ist kürzlich von der Bürgermeisterkoalition aus SPD, Grünen, USD und FDP abgelehnt worden. Die Begründung: Alles ist gut so wie ist. Und beim Verkauf von Bauland möchte man doch gerne einen satten Planungsgewinn für die Kommune einfahren.
Noch einmal kurz zum Mitschreiben: Es ist nicht die Aufgabe einer Kommune auf Kosten der Daseinsfürsorge Gewinne einzufahren! Insbesondere wenn sie so pleite ist wie unsere und die Gewinne nicht einmal annähernd ausreichen würden, die Zinsen für die Schulden zu tilgen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und die Kommune muß neue Wege beschreiten, um günstiges Bauland und günstige Wohnungen bereit zu stellen.
Alles beim Alten
Schauen wir uns einmal die von den Grünen angestossene „Grundsatzfestlegung zur Vermarktung von Baulandflächen“ an: Planungsgewinne für die Kommune auf Kosten von Familien. Soziale Vergabekriterien ohne Definition und Verbindlichkeit. Vergabeentscheidungen hinter verschlossenen Türen. Sozialer Wohnungsbau durch die Kommune? Fehlanzeige! Stattdessen Vermarktung von Mehrfamilienhäuser durch Investoren. Vorhabensbezogene Bebauungspläne mit satten Bauträgergewinnen.
Der Preis ist hoch
Ist das nicht irgendwie komisch? Dieselben politischen Fraktionen, die ernsthaft glauben durch Planungsgewinne aus dem Verkauf von Bauland den Haushalt konsolidieren zu können, die wollten dem teuersten Infrastrukturprojekt in der Geschichte der Stadt, dem Neubau der Grundschule in Hamminkeln, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung zustimmen.
Der Kämmerer der Stadt Hamminkeln hat in der letzten Ratssitzung schon klar gemacht, daß es eine deutliche Unterfinanzierung des Haushalts gebe und die Diskussion über die Hebesätze notwendig sei.
Das Leben hier in Hamminkeln wird wohl bald noch teuerer werden. Die Interessen der BürgerInnen und der politischen Entscheidungsträger befinden sich auf Kollisionskurs !
Es hilft nur noch ein radikaler Kurswechsel und das am Besten schon gestern.
von Thorsten Kasparek
Der link geht zum Ratsinformationssystem der Stadt Hamminkeln:
Grundsatzfestlegung zur Vermarktung von Baulandflächen
https://hamminkeln.more-rubin1.de/vorlagen_details.php?vid=20211304100067
Weiterführende Links…
Kommentar: „Widdewiddewit, ich bau wie’s mir gefällt!“https://bürgerforum-hamminkeln.de/wp-admin/post.php?post=34&action=edit
Kommentar: Wie das Dorf zur Stadt wird….https://bürgerforum-hamminkeln.de/wp-admin/post.php?post=111&action=edit
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