Seit die FWI nach den Kommunalwahlen 2020 die politische Bühne in Hamminkeln betrat, war die Senkung der Straßenbaubeiträge eines ihrer zentralen Anliegen. Sie hat daher im Rat, wie im Wahlkampf angekündigt, Reformanträge dazu zur Abstimmung gebracht.

Nachdem der Rat den Antrag der FWI zur Senkung der Straßenbaubeiträge mit großer Mehrheit verworfen hat, stand in der letzten Sitzung des Bauausschusses noch die bürgerfreundliche Ausgestaltung der Anliegerversammlungen zur Diskussion. Auch dazu hatte die FWI einen Antrag eingebracht. Beitragspflichtige AnliegerInnen sollten frühzeitig vor Anliegerversammlungen über vorgesehene Baumaßnahmen und die damit entstehenden Kosten informiert werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber ernsthaft diskutiert wurde dieser Reformvorschlag trotzdem nicht. Die Bürgermeisterkoalition aus SPD, Grünen, USD und FDP konnte sich nicht in die Situation der betroffenen BürgerInnen hineinversetzen. Es fehlte ihnen wie bei den Straßenbaubeiträgen das Verständnis für die Notlage der Menschen und das daraus entstehende Ohnmachtsgefühl gegenüber dem Staat. Und damit mangelte es letztendlich auch am entscheidenden Reformwillen. Die Ablehnung war so ausgemachte Sache und die Beschlussvorlage der Verwaltung wurde einfach durchgewunken. 

Und die sieht kurz zusammen gefaßt so aus: Die Bürgerrechte bei Anliegerversammlungen sollen auf Empfehlung des Bauausschusses der Stadt Hamminkeln nicht verbessert werden. BürgerInnen sollen kein Recht bekommen bereits mit der Einladung zur Anliegerversammlung über den Umfang und die geplanten Kosten einer beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahme grundlegend informiert zu werden. Sie sollen auch kein Recht auf eine fristgemäße Einladung zu Anliegerversammlungen erhalten. Bei beitragspflichtigen Kanalerneuerungen sollen sie zukünftig kein Recht auf Anliegerversammlung haben, es sei denn der Straßenbelag wird auch noch erneuert. Auch wenn sechsstellige Beträge auf die Schultern der BürgerInnen verteilt werden, will die Verwaltung den BürgerInnen nicht mehr in Anliegerversammlungen gegenübertreten und Rede und Antwort stehen. Auf gut Deutsch, eine Information, um wieviel Geld ich bei einer solchen Maßnahme erleichtert werden soll, steht mir wohl nicht zu – ich darf nur noch zahlen!

Da fällt einem nur noch die Kinnlade runter, wie gewählte Volksvertreter so einem Vorgehen überhaupt zustimmen können. Fairerweise sei erwähnt, das die CDU mit der FWI gegen diese Beschlussvorlage gestimmt hat. Es ist ja unter dem Strich schon schlimm genug, dass die Politik Hamminkelns den BürgerInnen seit über zehn Jahren das Maximum bei den möglichen Straßenbaubeiträgen zumutet wegen der mitverschuldeten Haushaltsschieflage. Noch schlimmer ist es, daß sie es nach einem Jahrzehnt nicht geschafft hat, das Verschuldungsproblem in den Griff zu bekommen. Aber am schlimmsten ist es, daß die Mehrheit der Politik nicht bereit war, eine sozial-verträgliche Reform der Straßenbaubeiträge zumindest sachlich zu prüfen. Ganz und gar unerträglich wird es aber, wenn den BürgerInnen in dieser Situation nicht zumindest Rechte auf die bürgerfreundliche Ausgestaltung von Anliegerversammlungen eingeräumt werden sollen. Ja, dass der Bürger bei beitragspflichtigen Kanalerneuerungen nur noch die Rechtspflicht hat zu zahlen. 

Was im letzten Bauausschuss geschehen ist, verstößt gegen den Geist der Reform des kommunalen Abgabengesetzes und gegen das Leitbild der demokratischen Bürgerorientierung von Kommunen. Es bleibt neben der Sprachlosigkeit nur noch die Hoffnung, dass der Rat hier im letzten Augenblick seine politische Verantwortung erkennt und seine Zustimmung doch noch kategorisch verweigert.

von Thorsten Kasparek