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Kommentar: Windelfreibeträge auf Attest

Reform der Windelentsorgung

Wenn Politiker von Reformen sprechen, bekomme ich in letzter Zeit immer Gänsehaut. Jetzt soll die Windelentsorgung in Hamminkeln reformiert werden. Bisher konnten Windeln an der zentralen Annahmestelle in Hamminkeln gebührenfrei abgegeben werden. Kostenpunkt für den Haushalt 25.000-30.000€ jährlich. Das System soll jetzt aber abgeschafft werden. Windeln werde zukünftig über den Restmüll entsorgt. Kostenpunkt für den Haushalt ca. 270000€ jährlich. Aber Moment, der Hausmüll wird doch gewogen? Das kostet dann doch extra?

Die Litanei von Gebührengerechtigkeit

Schauen wir dazu mal kurz in die Vergangenheit. Die Bürgermeisterkoalition aus SPD, Grünen, FDP und USD hatte sich mit Händen und Füßen gegen die Abschaffung des Wiegesystems gesträubt. Allen sachlichen Argumenten für die Abschaffung zum Trotz wurde immer wieder die Litanei der Gebührengerechtigkeit gesungen: Wiegen ist gerecht. Wer viel Müll macht, bezahlt viel. Wer wenig macht, bezahlt wenig. Okay, alles klar. Familien mit Kindern und Menschen mit Inkontinenz müssen dann zukünftig mehr bezahlen, wenn sie Windeln über den Restmüll entsorgen. Denn wer viel Müll macht, muss auch mehr bezahlen. Das ist doch richtig, oder? Nein, die Gebührengerechtigkeit für Familien mit Kindern und Inkontinente ist nicht gerecht, sagt jetzt die Bürgermeisterkoalition. Bei Windeln hört die Gebührengerechtigkeit auf. Auf den Punkt gebracht: Die bis dahin alternativlose Gebührengerechtigkeit ist nicht immer gerecht.

Antrag auf Windelfreibetrag

Die logische Folge ist, das Wiegesystem muss abgeschafft werden, aber nicht für alle. Nur für Haushalte die Windeln produzieren. Und das geht ganz einfach: Freimengen für Windeln. Familien mit Kindern und Inkontinente haben zukünftig einen Anspruch auf eine Freimenge. Für die müssen sie nicht bezahlen. Aber, und jetzt kommt das große Aber, die gibt es nur auf Antrag. Und ist man inkontinent, muss mit dem Antrag ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Natürlich jährlich, könnte ja sein, dass die Inkontinenz nur vorübergehend war. Alles muss halt seine Ordnung haben.

Bürokratiemonster Windelfreibetrag

Mal im Ernst, hat schon mal jemand daran gedacht, daß sich der ein oder andere dafür schämt einer Behörde Auskunft über seine Inkontinenz geben zu müssen. Und wer bezahlt dann eigentlich die Atteste? Ist es datenschutzrechtlich überhaupt möglich solche Daten über BürgerInnen zu erheben? Mit einer Datenbank über inkontinente BürgerInnen, einer Verzehnfachung der Kosten, zusätzlichem Zeit- und Personalaufwand wird ein sinnloses Bürokratiemonster geschaffen. Das zeigt wieder einmal, daß ein kleiner Irrtum am Anfang am Ende ein großer wird. Anstatt auf den gesunden Menschenverstand zu hören und das Wiegesystem abzuschaffen, ist die Bürgermeisterkoalition der Ideologie von Gebührengerechtigkeit zum Opfer gefallen. Die Zeche dafür dürfen jetzt alle BürgerInnen zahlen.

von Thorsten Kasparek

Bürgerinitiative im Kreuzfeuer der Eitelkeiten

Bürgerinitiative gegen Neubau der Grundschule

Wenn sich Bürgerinitiativen gründen, dann sollten wir uns doch alle erst einmal freuen, oder? BürgerInnen werden politisch aktiv. Sie machen sich für ein Anliegen stark.  Vernünftige PolitikerInnen horchen nachdenklich auf und fragen sich: „Habe ich was verpasst?“ In Hamminkeln hat der ein oder andere Bürger eine andere Auffassung zum Neubau der Grundschule als die Ratsmehrheit. Eine Bürgerinitiative hat sich formiert. Mehr als 1500 Unterschriften wurden gesammelt. Und was passiert? Sofort wird nach allen Regeln der Kunst auf die Initiatoren eingedroschen. 

Die Stimme der BürgerInnen

Irgendwie komme ich da nicht mehr mit, vielleicht ist auch einfach nur eine Entwicklung an mir vorbeigegangen. Ich hatte das so in Erinnerung: In unserer repräsentativen Demokratie vertreten die PolitikerInnen ja die BürgerInnen. Wenn die öffentlich ihre Unzufriedenheit über die Art und Weise der Vertretung artikulieren, sollte man erst einmal vorurteilsfrei auf diese zugehen und das Gespräch suchen. Vielleicht finden sich ja Sachverhalte, die man übersehen hat? Dann kann im Zweifel eine gute Entscheidung noch einmal überdacht werden, um eine bessere zu treffen. Und ja, das ist anstrengend, ja, das kostet Kraft. Aber Ist das nicht der demokratische Geist? Ist das nicht die Mühe wert?

Der Stadtrat ist nicht unfehlbar

Ein Stadtrat ist nämlich nicht der Heilige Stuhl. Seine Entscheidungen sind nicht unfehlbar. Anscheinend sehen das leider nicht alle so. Die politischen Auseinandersetzungen haben daher den Charakter einer Inquisition angenommen. Was das ist, Inquisition? Es ist die Bekämpfung Andersdenkender durch die, die glauben im Recht zu sein.

Da erlebe ich, wie alle entscheidungstragenden Fraktionen im Rat von Hamminkeln sich darin überbieten, Andersdenkende zu diffamieren, klein zu reden und ihre Kompetenzen in Frage zu stellen. Es ist ein emotional geführter Kampf, um die Entscheidungshoheit. Meinungen werden nur noch vordergründig ausgetauscht. Man nimmt sie und haut damit um sich. Aus diesen werden dann abenteuerlichste Zukunftsprognosen entworfen, die sich meiner Logik auch nicht mehr erschließen. Da greift man sogar in die Trickkiste der Populisten und behauptet, wer nicht für den Schulneubau ist, denkt nicht an die Zukunft der Kinder. Da mache ich gerne drei Kreuzzeichen und bitte den Herrn um ein bisschen mehr Geistesgaben für den ein oder anderen Würdenträger.

Gute Gründe sehen anders aus

Schauen wir vielleicht mal auf ein paar gängige Argumente: Die FWI-Fraktion hatte ins Feld geführt, dass der Umbau der alten Grundschule für die heutigen Bedürfnisse im Lehrbetrieb deutlich preiswerter wäre. Und das Totschlagargument dagegen ist, die Einsparung betrage ja nur 1 Millionen Euro!

Abgesehen davon, das ich bei derartigen Betrachtungsweisen einen dicken Hals bekomme, wo bitte fangen denn überlegenswerte Kosteneinsparungen an, wenn eine Million schon nichts mehr gilt? Selbst wenn die Einsparung nur diesen Betrag umfassen würde, wäre das eine Größenordnung, die unsere finanziell knappe Kommune entlasten und den zukünftigen Generationen das Leben mit Schulden und Tilgung erleichtern würde.

Viel wurde und wird für die Entwicklung der Grundschule im Neubau mit innovativer Pädagogik, dem „Marktplatz-Prinzip“, argumentiert und aus einer weltweiten Studie des neuseeländischen Prof. Hattie zitiert. Also habe ich mir, als Nichtpädagoge, diese Studie mal angesehen. Herr Hattie war so freundlich die Ergebnisse seiner 900seitigen Untersuchung in einem Fazit zusammenzufassen. Danach kommt er unter anderem zu dem Schluss, dass die Lernerfolge von Schülern weniger allein von den Formen des Lehrbetriebes abhängt. Entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Lernen ist die Rolle der LehrerInnen und ihr Verhältnis zu den SchülerInnen, ihr Engagement und Ihre Hinwendung zu den Lernenden.

 Nebenbei bemerkt, wurde ein sachkundiger Bürger der FWI im Bauausschuss von der SPD und den Grünen als „Demagoge“ bezeichnet, als er diese Aussage aus der Studie zitierte. Welche Ironie des Schicksals, dass die politischen Fraktionen, die sich auf diese Studie berufen, sie anscheinend gar nicht gelesen haben. Hier hilft folgender Hinweis: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Obwohl Ratsbeschlüsse, so auch der zum Schulneubau an der Diersforter Straße, ja „heilige Kühe“ sind, sollten aufkommende Zweifel an ihnen schon zumindest eine ernsthafte und sachliche Aufmerksamkeit zu Teil werden – einfach im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung unserer Stadt. Und diese Aufmerksamkeit würde ich mir im Vorfeld solcher Entscheidungen wünschen – auch oder gerade um Politik transparent und interessant zu machen. Niemand braucht Angst zu haben vor anderen Meinungen.  Einfach mal hinsetzen und den BürgerInnen zuhören.

Was steht hinter der Investition?

Während ich versucht habe, diesen medialen Kleinkrieg für mich zu versachlichen, drängte sich die Frage auf, warum der Bürgermeister und die Stadtverwaltung eigentlich mit Vehemenz für den Schulneubau eintreten. Sowohl der Bürgermeister als auch die Verwaltung sind für mich nie als „Geldverschwender“ oder „finanzielle Luftikusse“ aufgefallen, ganz im Gegenteil. Der Anstoss war ein Artikel im Lokalteil einer Tageszeitung, wo unser Bürgermeister mit der Aussage zitiert wird, das es beim Schulneubau auch um den Aufbau von Vermögenswerten der Stadt gehen würde.

Das provozierte bei mir die Frage, ob es vielleicht mit dem Schulneubau auch um eine Konsolidierungsstrategie geht und die ganzen Argumentationsketten über Pädagogik nur Scheingefechte sind. Dass die eigentliche Idee ist, das Vermögen der Stadt auch in ihrer Bilanz zu erhöhen, um Sicherheiten aufzubauen, die die Kreditwürdigkeit sichern helfen, falls weitere Fremdfinazierungen notwendig werden. Ein sogar nachvollziehbarer Gedanke, falls der Stadt, als seit Jahren „klamme Kommune“, die relative Entmachtung des Rates und der Verwaltung durch eine Haushaltssicherung drohen sollte. Auch das wäre ein wichtiges Argument, das man im Sinne einer transparenten Politik in die Waagschale werfen müßte.

Was ich mir wünsche ist mehr Demokratie zu wagen! Dort wo sie einst entstanden ist, in den Städten. Diesen Geist wünsche ich mir nicht nur für unsere Heimatstadt – sondern für die gesamte Republik!

Siggi

Kommentar: Auf Kollisionskurs

Freies Bauen für freie Investoren

Spätestens seit der letzten Finanzkrise explodieren die Immobilienpreise in ganz Deutschland. Grund und Boden ist auch hier bei uns in Hamminkeln schon längst zum Spekulationsobjekt geworden. Ob Ackerland, Gewerbeflächen oder Bauland, egal, Hauptsache es bringt Rendite. Und die bringt es, da Grund und Boden nicht an Wert verliert und momentan die so ziemlich stabilste Wertanlage ist. Befeuert durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank und steigender Baukosten ist der Traum vom Eigenheim für die Mittelschicht, soweit es sie noch gibt, ausgeträumt. Finanzkräftige Investoren bestimmen jetzt das Spiel. Die Höhe des Einsatzes bestimmt den Sieg. Die Anzahl der Wohneinheiten pro Spielfeld den Gewinn. Der beschlossene Verzicht auf Bebauungspläne in bestimmten Bereichen unserer Stadt hat die Spielregeln dort vereinfacht. Das Motto lautet jetzt: „Freies Bauen für freie Investoren !“

Junge Familien aus dem Spiel

Ja, aber wo ist denn jetzt überhaupt das Problem? Die Antwort ist einfach und ernüchternd: Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen können beim dem Spiel nicht mehr mitspielen. Sie werden in der Regel einfach überboten und müssen das Spielfeld verlassen. Und das ist ein soziales Problem. Doch was können wir vor Ort machen? Aufrechte BürgerInnen sollten im Moment Ihre Häuser und Grundstücke nicht mehr an Investoren verkaufen. Es gibt schon einige Vorbilder, die dieses Spiel nicht mehr mitmachen und zuerst an junge Familien denken. Geld ist nun mal nicht alles im Leben. Hut ab! Und die Kommune kann Potentialflächen aufkaufen und Bauland selbst vermarkten. Ja, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und die ersten Entscheidungen wurden auch schon getroffen.

Unsinn Planungsgewinn

 Aber was nützt kommunales Bauland, wenn es dafür kein transparentes und sozial gerechtes Vergabeverfahren gibt. Das „Klassische Einheimischenmodell“, das die vergünstigte Überlassung von Bauland an junge, kinderreiche und ortsansässige Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen in den Fokus nimmt, ist kürzlich von der Bürgermeisterkoalition aus SPD, Grünen, USD und FDP abgelehnt worden. Die  Begründung: Alles ist gut so wie ist. Und beim Verkauf von Bauland möchte man doch gerne einen satten Planungsgewinn für die Kommune einfahren.

Noch einmal kurz zum Mitschreiben: Es ist nicht die Aufgabe einer Kommune auf Kosten der Daseinsfürsorge Gewinne einzufahren! Insbesondere wenn sie so pleite ist wie unsere und die Gewinne nicht einmal annähernd ausreichen würden, die Zinsen für die Schulden zu tilgen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und die Kommune muß neue Wege beschreiten, um günstiges Bauland und günstige Wohnungen bereit zu stellen.

Alles beim Alten

Schauen wir uns einmal die von den Grünen angestossene „Grundsatzfestlegung zur Vermarktung von Baulandflächen“ an: Planungsgewinne für die Kommune auf Kosten von Familien. Soziale Vergabekriterien ohne Definition und Verbindlichkeit. Vergabeentscheidungen hinter verschlossenen Türen. Sozialer Wohnungsbau durch die Kommune? Fehlanzeige!  Stattdessen Vermarktung von Mehrfamilienhäuser durch Investoren. Vorhabensbezogene Bebauungspläne mit satten Bauträgergewinnen. 

Der Preis ist hoch

Ist das nicht irgendwie komisch? Dieselben politischen Fraktionen, die ernsthaft glauben durch Planungsgewinne aus dem Verkauf von Bauland den Haushalt konsolidieren zu können, die wollten dem teuersten Infrastrukturprojekt in der Geschichte der Stadt, dem Neubau der Grundschule in Hamminkeln, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung zustimmen.

Der Kämmerer der Stadt Hamminkeln hat in der letzten Ratssitzung schon klar gemacht, daß es eine deutliche Unterfinanzierung des Haushalts gebe und die Diskussion über die Hebesätze notwendig sei.

Das Leben hier in Hamminkeln wird wohl bald noch teuerer werden. Die Interessen der BürgerInnen und der politischen Entscheidungsträger befinden sich auf Kollisionskurs !

Es hilft nur noch ein radikaler Kurswechsel und das am Besten schon gestern.

von Thorsten Kasparek


Der link geht zum Ratsinformationssystem der Stadt Hamminkeln:

Grundsatzfestlegung zur Vermarktung von Baulandflächen

https://hamminkeln.more-rubin1.de/vorlagen_details.php?vid=20211304100067


Weiterführende Links…

Kommentar: „Widdewiddewit, ich bau wie’s mir gefällt!“https://bürgerforum-hamminkeln.de/wp-admin/post.php?post=34&action=edit

Kommentar: Wie das Dorf zur Stadt wird….https://bürgerforum-hamminkeln.de/wp-admin/post.php?post=111&action=edit

Logistikzentrum – Ja oder Nein ?

Im Hamminkelner Rat steht die Entscheidung an, nördlich der Autobahn einem schwedischen Modelabel den Betrieb eines Logistigzentrums, zur Lagerung und Verteilung seiner Produkte an den Endkunden, zu ermöglichen. In allen Fraktionen, der im Rat vertretenen Parteien, so auch bei den Freien Wählern der Isselgemeinden, ist also die Frage zu klären: Ist das zum Vorteil der Kommune und Ihrer BürgerInnen?

So einfach die Frage klingt, es verbirgt sich dahinter ein recht komplexes, politisches Problem und die Einflussmöglichkeiten der Politik sind in solchen Fragen eingeschränkt. Die Nutzung eines Grundstücks ist dem Eigentümer zunächst einmal freigestellt. Er kann einen Bauantrag stellen, der vom Bauamt in der Hamminkelner Verwaltung mit bestimmten Fristen zu bearbeiten ist, ansonsten drohen Gerichtsentscheide, die die Gültigkeit des Antrages festlegen. Das Bauamt in Hamminkeln ist eine sogenannte „untere Baubehörde“, die nicht dem Bürgermeister oder dem Rat untersteht, sondern die „obere Baubehörde“ ist der Vorgesetzte und die sitzt im Kreis Wesel.

Im Ausschuss und Rat wird auch über die Änderung des Flächennutzungsplanes abgestimmt – sie ist die Voraussetzung für die gewerbliche Nutzung einer Grundstücksfläche.

Daneben haben die Instanzen in Hamminkeln eigentlich nur die Möglichkeit  den Verkauf des Grundstücks zu beschließen oder abzulehnen, um das Logistikvorhaben zu fördern oder zu stoppen.

Logistikzentren werden gebraucht. Jedenfalls solange wir Konsumenten ungebremst das Internet zum Shoppen nutzen und die Lieferung der Waren innerhalb von Stunden erwarten. Der schwedische Interessent NA-KD zielt mit seinem Konzept darauf ab, Waren noch am gleichen Tag an den Kunden auszuliefern. 

Bei den Modelabels ist es ja üblich geworden, fast monatlich eine neue Kollektion auf den Markt zu bringen. Mit der angestrebten Größe des Zentrums von 100.000 qm, kann man sich vorstellen, welcher Anlieferverkehr in Hamminkeln herrschen wird und wie die Verkehrsinfrastruktur belastet und verschlissen wird. Wem nutzt dieses Zentrum eigentlich ?

Abgesehen von den Kunden, die sehr schnell beliefert werden, so denn die HamminkelnerInnen Fans von NA-KD werden, keinem so wirklich. 

Die Stadt Hamminkeln hat den Verkaufserlös für das Grundstück und erhält Teile der Grunderwerbsteuer. Sie ist eine Steuer, die das Land NRW erhebt und teilweise an die Kommunen weitergibt.

Das geht genau einmal – und die Frage ist, wie oft können wir solche Geschäfte noch tätigen ? Die Ressource Grund und Boden wird immer kleiner und mit der Größe der Flächenversiegelung – Nachhaltigkeit geht anders ! Investoren, die solche Projekte entwickeln, nutzen sie heute nicht mehr zum Zweck des Weiterverkaufs, sondern vermieten diese Objekte langfristig. Es bestätigt sich einfach immer wieder, dass Grund und Boden  wertbeständig ist, ja, mit Verknappung desselben, an Wert gewinnt.  Der Verkauf von Grundstücken auch durch die Stadt Hamminkeln ist damit zumindest zweifelhaft und kommt dem „Verscherbeln des Tafelsilbers“ gleich – langfristig ist das ökonomischer Nonsens.

In der Presse wurde auf die Gewerbesteuer angespielt, die die Stadt mit dem Logistikzentrum erheben müsste. Rechtlich gesehen ist das ein Irrglaube. Nach unserem Recht, wird die Gewerbesteuer auf Basis des Umsatzes berechnet, der am Standort entsteht. In Logistikzentren wird nur ein minimaler Umsatz generiert, da hier nur Waren gelagert und umgeschlagen werden – aber nicht verkauft. Der Verkauf findet gerade in Zeiten des Internethandels am Standort des Unternehmens statt und der ist nun mal Schweden.  Steuer- oder handelsrechtlich ist auch kein Grund zu sehen, warum das NA-KD anders gestalten sollte. Es gibt Beispiele dafür, dass sich Kommunen die Gewerbesteuer solcher Warenlager auf ihrem Territorium gesichert haben. Das erfolgt aber über Sondervereinbarungen zwischen dem Unternehmen und der Kommune. Die setzen dann aber voraus, dass das Unternehmen seine Geschäftsergebnisse offen legt und einen Berechnungsmodus erarbeiten kann, der die mit oder durch die Logistikstandorte erzielten Umsätze ausweist. Und die Finanzbehörde am Sitz des Unternehmens muss damit auch einverstanden sein.

Ohne die rechtlichen Verhältnisse und Konstrukte von NA-KD momentan zu kennen – die Gewerbesteuer als laufende Einnahme der Stadt Hamminkeln können wir vergessen.

Ein weiteres Interesse von Hamminkeln könnte die Schaffung von Arbeitsplätzen mit dem Zentrum sein. Noch vor 15  – 20 Jahren war es das Hauptargument für solche Logistikstandorte. Sie werden heute flächendeckend aber nicht mehr mit vielen Vollzeitkräften betrieben, Vorreiter war hier „Amazon“, das an seinen diversen Standorten  verstärkt auf Teilzeitarbeit, Aushilfskräfte und Minijobs gesetzt hat, die sich  entgeltlich am Mindestlohn orientieren. Hinzu kommt, dass  wir in Hamminkeln, wie in vielen Regionen kein großes Arbeitslosenproblem haben – Ökonomen sprechen in der gegenwärtigen Situation, in der selbst coronabedingt Entlassene andere Arbeit gefunden haben und in ihren ursprünglichen Branchen nicht mehr zur Verfügung stehen, von Vollbeschäftigung, ja Arbeitskräftemangel.

Wenn ich diese Argumente alle für mich bewerte, komme ich zu dem Schluss, das mit dem Logistikzentrum kein wirklicher Mehrwert für die Stadt Hamminkeln entsteht und würde, wenn ich darüber mit zu entscheiden hätte, gegen den Verkauf der Grundstücksfläche stimmen.

Siggi Colbatz

Der link geht zum Ratsinformationssystem der Stadt Hamminkeln: https://hamminkeln.more-rubin1.de/vorlagen_details.php?vid=20210411100192

Kommentar: Was ist das Anfragerecht der FDP wert?

Um es vorweg zu nehmen: ich schätze die FDP als eine Partei unseres Landes, da sie in ihrer Geschichte herausragende politische Köpfe hervorgebracht hat. In der letzten Bauausschusssitzung wollte die FDP allerdings wissen, was die Anfragen auch mit Blick auf die FWI die Stadt kosten würden, in Euro. Man hätte nämlich seit der letzten Wahl einen deutlichen Anstieg von Anfragen registriert. Und das würde angeblich die Verwaltung in der laufenden Arbeit überlasten. Der Bürgermeister stellte daraufhin zwar klar, daß die Parteien das Recht auf Anfragen hätten, aber bot auch an, eine Kostenschätzung vornehmen zu lassen. 

Fangen wir mal von vorne an. Seit der letzten Wahl ist eine Wählergemeinschaft mehr im Rat, die FWI. Alleine deswegen steigt natürlich die Anzahl der Anfragen. Dafür muss man nicht  Mathematik studiert haben, da reicht das kleine Einmaleins aus. Und es zeigt, dass sich die FWI aktiv und seriös an der politischen Willensbildung beteiligt. Das ist die Aufgabe auch kleinerer Fraktionen – Neudeutsch, es ist es ihr Job. Wenn eine politische Kraft zum ersten Mal auf die Bühne tritt, ist gerade bei Reformprojekten eigentlich klar, dass es auch gar nicht anders möglich ist.

Nur geht diese Rechnung für die FDP anscheinend nicht auf. Sie will die Anfragen der FWI in Euro messen. Damit reduziert sie die Bedeutung bürgerlicher Freiheits- und Auskunftsrechte auf den Geldwert. Schauen wir mal ins das Herz liberaler Ideen, in die Karlsruher Freiheitsthesen. Nachdem die Partei in der Wählergunst gegen Null tendierte, hat sie sich 2012 dieses neue Grundsatzprogramm gegeben.: „Für Liberale muss Politik rational sein. Entscheidungen sind niemals alternativlos, deshalb wenden wir uns gegen die Tyrannei der angeblichen Notwendigkeit. Vermeintlichen Sachzwängen und vorgeschobenem Zeitdruck stellen wir die Suche nach besseren Alternativen und einen Sinn für das Mögliche entgegen. Toleranz bedeutet dabei für uns, die guten Absichten der anderen Seite ernst zu nehmen, so fordernd diese auch sein mag.“

Ja, sagt hier der gesunde Menschenverstand, das macht doch Sinn und ist schön formuliert. Noch schöner wäre es, wenn die Hamminkelner Liberalen sich an ihren eigenen Grundsätzen und ihrer eigenen Ideologie orientieren würden. Dann könnten die Diskussionen endlich wieder sachlicher verlaufen. Dann würde auch Dilettantismus, wie der Versuch politisches Engagement und Anfragen in Geldwerten zu messen, als solcher überflüssig. Oder glauben unsere Liberalen ernsthaft daran, dass man mit einer derartigen Ökonomisierung von Auskunftsrechten andere politische Stimmen mundtot machen kann? Falls das so ist, müssen wir, liebe FDPler, mal ernsthaft über freiheitliche Grundrechte, ja Euer Demokratieverständnis reden. Auf jeden Fall müsstet Ihr noch die Frage beantworten: was sind Bürgerrechte und eben auch Anfragenrechte Euch denn wert?

von Thorsten Kasparek

Kommentar: Bürgerrechte? Nein,Danke!

Seit die FWI nach den Kommunalwahlen 2020 die politische Bühne in Hamminkeln betrat, war die Senkung der Straßenbaubeiträge eines ihrer zentralen Anliegen. Sie hat daher im Rat, wie im Wahlkampf angekündigt, Reformanträge dazu zur Abstimmung gebracht.

Nachdem der Rat den Antrag der FWI zur Senkung der Straßenbaubeiträge mit großer Mehrheit verworfen hat, stand in der letzten Sitzung des Bauausschusses noch die bürgerfreundliche Ausgestaltung der Anliegerversammlungen zur Diskussion. Auch dazu hatte die FWI einen Antrag eingebracht. Beitragspflichtige AnliegerInnen sollten frühzeitig vor Anliegerversammlungen über vorgesehene Baumaßnahmen und die damit entstehenden Kosten informiert werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber ernsthaft diskutiert wurde dieser Reformvorschlag trotzdem nicht. Die Bürgermeisterkoalition aus SPD, Grünen, USD und FDP konnte sich nicht in die Situation der betroffenen BürgerInnen hineinversetzen. Es fehlte ihnen wie bei den Straßenbaubeiträgen das Verständnis für die Notlage der Menschen und das daraus entstehende Ohnmachtsgefühl gegenüber dem Staat. Und damit mangelte es letztendlich auch am entscheidenden Reformwillen. Die Ablehnung war so ausgemachte Sache und die Beschlussvorlage der Verwaltung wurde einfach durchgewunken. 

Und die sieht kurz zusammen gefaßt so aus: Die Bürgerrechte bei Anliegerversammlungen sollen auf Empfehlung des Bauausschusses der Stadt Hamminkeln nicht verbessert werden. BürgerInnen sollen kein Recht bekommen bereits mit der Einladung zur Anliegerversammlung über den Umfang und die geplanten Kosten einer beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahme grundlegend informiert zu werden. Sie sollen auch kein Recht auf eine fristgemäße Einladung zu Anliegerversammlungen erhalten. Bei beitragspflichtigen Kanalerneuerungen sollen sie zukünftig kein Recht auf Anliegerversammlung haben, es sei denn der Straßenbelag wird auch noch erneuert. Auch wenn sechsstellige Beträge auf die Schultern der BürgerInnen verteilt werden, will die Verwaltung den BürgerInnen nicht mehr in Anliegerversammlungen gegenübertreten und Rede und Antwort stehen. Auf gut Deutsch, eine Information, um wieviel Geld ich bei einer solchen Maßnahme erleichtert werden soll, steht mir wohl nicht zu – ich darf nur noch zahlen!

Da fällt einem nur noch die Kinnlade runter, wie gewählte Volksvertreter so einem Vorgehen überhaupt zustimmen können. Fairerweise sei erwähnt, das die CDU mit der FWI gegen diese Beschlussvorlage gestimmt hat. Es ist ja unter dem Strich schon schlimm genug, dass die Politik Hamminkelns den BürgerInnen seit über zehn Jahren das Maximum bei den möglichen Straßenbaubeiträgen zumutet wegen der mitverschuldeten Haushaltsschieflage. Noch schlimmer ist es, daß sie es nach einem Jahrzehnt nicht geschafft hat, das Verschuldungsproblem in den Griff zu bekommen. Aber am schlimmsten ist es, daß die Mehrheit der Politik nicht bereit war, eine sozial-verträgliche Reform der Straßenbaubeiträge zumindest sachlich zu prüfen. Ganz und gar unerträglich wird es aber, wenn den BürgerInnen in dieser Situation nicht zumindest Rechte auf die bürgerfreundliche Ausgestaltung von Anliegerversammlungen eingeräumt werden sollen. Ja, dass der Bürger bei beitragspflichtigen Kanalerneuerungen nur noch die Rechtspflicht hat zu zahlen. 

Was im letzten Bauausschuss geschehen ist, verstößt gegen den Geist der Reform des kommunalen Abgabengesetzes und gegen das Leitbild der demokratischen Bürgerorientierung von Kommunen. Es bleibt neben der Sprachlosigkeit nur noch die Hoffnung, dass der Rat hier im letzten Augenblick seine politische Verantwortung erkennt und seine Zustimmung doch noch kategorisch verweigert.

von Thorsten Kasparek

Ich denk, mich knutscht ein Elch !

Wenn ich mir den Kleinkrieg der sogenannten Volksparteien in unserer Stadt gegen den Auszug der CDU-Fraktion aus der vorletzten Ratssitzung in den Medien ansehe, habe ich ständig das Gefühl mich knutscht ein Elch. Dass vereinzelte Tiere der größten Hirschart Europas aus Polen zu uns einwandern wusste ich zwar, aber dass sie schon hier im Kreis Wesel angekommen sind, war mir neu.

In der Provinzposse treten alle Parteien, außer der FWI, geeint wie nie auf und zerfleischen alles, was nicht explizit auf dem eigenen Mist gewachsen ist. Es wird sich fürchterlich echauffiert, dass die CDU in einem internen Brief den Begriff „Klüngelveranstaltung“ im Zusammenhang mit den Arbeitsgruppen gewählt haben soll. Endlich gibt es wieder was zu tun, was keine sachliche Auseinandersetzung mit den drängenden politischen Themen der Gegenwart erfordert. Es ist wieder Zeit für das politische Possenspiel mit dem Titel „Alle mal Aufregen!“. Meisterhaft inszeniert wenden sich die Fraktionen der SPD, FDP, USD und Grünen mit einem gemeinsamen Brief an den Bürgermeister, in dem sie ihn auffordern, alle Arbeitsgruppen aufzulösen. Ja klar, und was kommt als nächstes? Sollen vielleicht demnächst auch die Ausschüsse aufgelöst werden? Oder vielleicht auch der Rat?

Klasse ! Ich frage mich nun allerdings, warum sollen die Arbeitsgruppen dichtgemacht werden? Hat die CDU-Fraktion mit deren vermeintlichen Bewertung als „Klüngelveranstaltungen“ jetzt Recht? Und haben die in die Arbeitsgruppen entsandten Ratsmitglieder und sachkundigen Bürger der SPD, FDP, USD und Grünen bislang dort die Klüngelei mitgetragen und es ist ihnen einfach nur peinlich, daß das jetzt ans Tageslicht gekommen ist? Mir drängt sich der Gedanke auf, dass hier einfach nur Rachegelüste ausgelebt werden und die restlichen Fraktionen bestraft werden sollen – ich wusste bisher nicht, dass ich mit meiner Stimme bei der jüngsten Kommunalwahl auch eine Eintrittskarte fürs Theater gewonnen habe.

 Aber mal Hand aufs Herz, bei der ganzen Aktion stößt mir vor allem unangenehm auf, dass mit der Stilllegung der Arbeitsgruppen eine Menge Engagement und Potenzial an Unterstützung für eine bürgernahe und effektive Lenkung und Leitung unserer Stadt verloren geht. Ich bin überzeugt davon, dass wir uns das in der gegenwärtigen Situation mit den drängenden Herausforderungen der Gegenwart, eigentlich nicht leisten können.

Ich war erfreut, dass die Grünen in ihrem Flyer an alle Haushalte, explizit dafür eintreten, die Finanzen der Stadt konsolidieren zu wollen. Da haben sie nicht nur meine Zustimmung, sondern auch Unterstützung. Aber dann verstehe ich nicht, dass die Arbeitsgruppe „Haushalt und Controlling“ , die genau dieses Ziel auf der Agenda hatte, mit Unterstützung der Grünen in den „Ruhestand“geschickt wurde.

Liebe Grüne – was denn nun? Konsolidieren oder doch nicht konsolidieren? Gemeinsam anpacken oder nicht? Worte müssen sich an Taten messen lassen und als jetzt „ruhendes Mitglied“ dieser Arbeitsgruppe muss ich sagen : Vertrauenswürdigkeit sieht für mich anders aus! Und zu guter Letzt die wichtige Frage: „Und, wem nutzt das alles?“ Ja, mal nachdenken, wer könnte das sein? Die Bürger*Innen sind es nicht. Unsere Stadt ist es auch nicht. Ich komme einfach nicht darauf. Schade. Vielleicht frag ich mal einen Elch.

Sigurd Colbatz

Straßenbaubeiträge: Von der falschen und der rechten Sorge

Bis auf die FWI haben alle Fraktionen der Stadt Hamminkeln bei der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und der darauf folgenden Ratssitzung eine Entlastung der BürgerInnen bei den Straßenbaubeiträgen abgelehnt. Nicht einmal AnliegerInnen, die an Eckgrundstücken wohnen und für zwei oder mehr Straßen voll bezahlen müssen, wollte man entlasten. Und das Argument war wie immer die Haushaltslage.

Auch im Jahre 2011 als der Rat einvernehmlich die Beitragssätze auf schwindelerregende Höhen angehoben hatte, war das Argument die Haushaltslage. Jetzt haben die Parteien und Wählergemeinschaften ein Jahrzehnt Zeit gehabt, um die katastrophale Haushaltslage, die sie politisch zu verantworten haben, wieder in den Griff zu bekommen; doch die Lage wird immer schlimmer.

Anstatt sich und die eigene Politik jetzt kritisch zu hinterfragen und einen neuen Kurs einzuschlagen, lassen sie lieber weiterhin die BürgerInnen der Stadt Hamminkeln für ihr Versagen die Zeche zahlen. Und gerade bei den Straßenbaubeiträgen trifft es die Menschen am härtesten. Deswegen wäre es zumindest ein Zeichen an die Bürgerschaft gewesen, eine Reform der Straßenbaubeiträge in Hamminkeln ernsthaft zu diskutieren und Spielräume zu finden, anstatt immer wieder die gleiche Litanei zu predigen.

von Thorsten Kasparek

Etwas ist faul im Staate Dänemark

Der alte Shakespeare scheint geahnt zu haben, dass menschliche Tollheit auch in niederrheinischen Lokalparlamenten zur Methode werden könnte, als er seinen Hamlet schrieb. Anders kann ich den Kleinkrieg unserer alteingesessenen Parteien, der in allen Medienkanälen geführt wird, zum Auszug der CDU-Fraktion aus der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag nicht empfinden. 

Gut, es ist Bundeswahlkampf und jede, um Stimmen kämpfende Partei möchte sich von den anderen abheben. Auch die deutschen Volksparteien haben scheinbar aus den erfolgreichen Wahlkämpfen von Politikern wie Trump, Netanjahu, Orban und Erdogan ihre Lehren gezogen. Nicht eigener politischer Gedankenreichtum führt zum Erfolg, denn der setzt kluge Programme und Ziele voraus. Einfacher und erfolgreicher ist es, den „Konkurrenten im Stimmenfang“ herabzusetzen, zu diskreditieren, schlecht zu machen. Das konnten wir in der letzten Ratssitzung und in der darauf folgenden Presseberichterstattung leider auch beobachten. Insbesondere die FDP hat sich im Ton vollständig vergriffen und sich mit ihren hysterischen Hetzparolen endgültig als ernstzunehmende politische Kraft aus der Lokalpolitik Hamminkelns verabschiedet.

Aber was war eigentlich die Vorgeschichte? Die Fraktion der FWI hatte im November vergangenen Jahres im Rat den Antrag gestellt das gegenwärtige Müllwiegesystem einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Der Hintergrund war dabei nicht die Kritik um der Kritik Willen, sondern die Beobachtung, dass dieses System zu einem „Mülltourismus“ führt. Die Entsorgung des Mülls in den öffentlichen Mülltonnen oder am Straßenrand war nur einer von vielen negativen Effekten, die bei genauerer Analyse zu Tage traten. Der Zeitpunkt war genau richtig gewählt, da der Dienstleistungsvertrag mit dem jetzigen Entsorgungsunternehmen 2022 ausläuft und dessen Neuabschluss nach geltendem Recht europaweit ausgeschrieben werden muss. Deshalb sollte die Prüfung des Systems rechtzeitig erfolgen, um bei einem Systemwechsel Änderungen in der Ausschreibung einarbeiten zu können. Vorher allerdings musste die Diskussion zum Thema Wiegesystem zum Abschluss gebracht werden.

Und genau diese Möglichkeit ergab sich hier. Der vorausgehende Bauausschuss der Stadt Hamminkeln hatte daher vernünftigerweise einstimmig die Empfehlung ausgesprochen, das Thema prüfen zu lassen und nach der Sommerpause im Rat abschliessend zu diskutieren. In der Ratssitzung am Donnerstag wurde plötzlich von den Fraktionen der SPD, Grünen, FDP und USD ohne vernünftigen Grund darauf gedrängt sofort und ohne Diskussion über das Thema abstimmen zu müssen und den Prüfauftrag fallen zu lassen. Die CDU-Fraktion wollte hingegen weiterhin dem Vorschlag der FWI folgen und eine fundierte Prüfung in Auftrag geben und machte aus Protest mit ihrem Auszug den Rat beschlussunfähig. 

Politische Entscheidungen müssen nun einmal in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um zu gewährleisten, dass sie dem Gemeinwesen noch von Nutzen sind. Das ist der demokratische Geist, der Wettbewerb der Ideen, der die PolitikerInnen in einer Demokratie im besten Fall zu leiten hat. Aber die SPD, Grünen, FDP und USD haben in diesem Fall ihre Verantwortung dem Gemeinwesen gegenüber mit Füßen getreten, aus billigem politischen Kalkül.

Dass die CDU mittlerweile den Ideen der FWI Beachtung schenkt, die aus der Mitte der Bürgerschaft kommen, oder sie zumindest einer Prüfung unterzieht, hat mir Respekt und Symphatie abgefordert. Es sollte immer um die beste Lösung gehen und nicht um die bequemste. Wer das Ehrenamt im Rat ausübt und gleichzeitig zu bequem ist, um sich im Sinne der BürgerInnen mit Themen auseinanderzusetzen, sollte sich lieber verabschieden und sich um das Amt eines Ehrenvorsitzenden irgendwo anders bewerben. Das Mittel, das die CDU zum Protest gewählt hat, ist allerdings genauso fraglich und diskussionswürdig wie das billige politische Kalkül der anderen Parteien. Demokratische Prozesse auf diese Art und Weise zum Stillstand zu bringen, darf immer nur Ultima Ratio sein. Es wäre schön gewesen, hätte sich die CDU mit demselben Elan für die grundlegenden Themen wie Haushaltskonsolidierung, vergünstigtes Bauland für junge Familien oder Senkung der Straßenbaubeiträge engagiert. So bleibt der bittere Nachgeschmack, daß nur eine populistische Nebelkerze geworfen wurde. Was sagt eigentlich der Parteivorsitzende der CDU in Hamminkeln dazu, der letztendlich die politische Verantwortung dafür trägt?

Doch ein Gutes hat das alles: der Auftritt der CDU hat die BürgerInnen aufmerksam gemacht auf den desolaten Zustand der Politik und die daraus erwachsene Machtfülle der Verwaltung. Wo wir Regeln und Beschlüsse nicht mehr hinterfragen oder politische Spiele zum Selbstzweck spielen, erzeugen wir nicht nur auf Landes- und Bundesebene, sondern auch im lokalen Politikbetrieb Stagnation und Stagnation ist letztlich Rückschritt. Noch einen Schritt weiter zurück und wir fallen in den Abgrund.

von Sigurd Colbatz

Kommentar: „Widdewiddewit, ich bau wie’s mir gefällt!“

In Dingden macht sich Unmut breit, da Investoren Immobilien in Wohnvierteln erwerben, die bisher von Einfamilienhäusern geprägt waren und dort Mehrfamilienhäuser mit Staffelgeschossen bauen. Das verändert aus Sicht der betroffenen BürgerInnen nicht nur den Charakter der Viertel, sondern führt auch zu strukturellen Problemen wie zum Beispiel dem Verlust der Privatsphäre in den Gärten, einer verschlechterten Parkplatzsituation und in der Konsequenz sogar zum Wertverlust von Grundstücken.

Mit dem Integrierten Kommunalen Entwicklungskonzept (IKEK) „Zukunft Hamminkeln 2030+ | Unser Dorf | Unsere Stadt | Gestalten und Entwickeln“ wurde das Ziel formuliert die Attraktivität Hamminkelns als Wohnstandort zu erhalten, wenn möglich zu steigern und die gewachsenen Strukturen und Identitäten verschiedener Ortsteile im Stadtgebiet zu wahren. Die zu beobachtende Entwicklung steht aber im Widerspruch mit diesen Zielen der Stadtplanung, da die getroffenen Entscheidungen den Charakter der unterschiedlichen Wohngebiete verändern. Es mag vielleicht ein Bedarf an Mehrfamilienhäusern und barrierefreiem Geschosswohnungsbau vorhanden sein, aber Stadtplanung darf sich nicht allein von den ökonomischen Interessen der Investoren bestimmen lassen, frei nach dem Motto: Investoren haben einen Bedarf an Profit, die Stadt hat einen Bedarf an Geschosswohnungen also wird zusammen geführt, was zusammen gehört, dort, wo es rechtlich gerade möglich ist und Investoren Immobilien erwerben können.

Und rechtlich möglich ist es mittlerweile nicht mehr nur im unbeplanten Innenbereich, wenn die zuständige Verwaltung eine Baugenehmigung erteilt mit Hilfe des Einfügungsgebots nach §34 BauGB oder bei Neubaugebieten. Es ist mittlerweile auch in allen Ortsteilen Hamminkelns möglich, in denen es alte Bebauungspläne gibt, deren Wirksamkeit vor Gericht in Frage gestellt werden kann. In einem Urteil vom 16.02.2021 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Klage eines Investors stattgegeben und den Bebauungsplan Nr. BO2 “Am Friedhof“ in Dingden für unwirksam erklärt wegen unbestimmten bzw. unbestimmbaren Sockel und Drempelhöhen (siehe Verwaltungsgericht Düsseldorf, 28 K 2377/19).  Das führt in der Konsequenz dazu, daß in dem Bereich des unwirksam gewordenen Bebauungsplans wieder Baugenehmigungen mit Hilfe des Einfügungsgebots erteilt werden können.

Dieser Einzelfall wird Schule machen bei den Investoren, wenn die Politik dem keinen Riegel vorschiebt. Sie reagiert zwar auf die Situation durch den Druck aus der Bevölkerung und fordert Bebauungspläne und Veränderungssperren, aber die letzteren können überhaupt erst erlassen werden, wenn ein Mindestmaß an planerischen Vorstellungen vorliegt und ein Aufstellungsbeschluss gefaßt wurde. Bebauungspläne als Instrument der Bauleitplanung alleine ersetzen kein fehlendes, stadtplanerisches Gesamtkonzept. Ganz im Gegenteil, je nachdem wie sie ausgestaltet werden, können sie die Probleme weiter verschärfen.

Eins ist zumindest durch die Proteste aus der Bürgerschaft klar geworden: Stadtentwicklung kann sinnvollerweise immer nur zusammen mit den BürgerInnen betrieben werden und sollte städtebaulichen Qualitätsmaßstäben entsprechen. Baugenehmigungen über das Einfügungsgebot nach §34 BauGB zu erteilen, darf nicht zum Mittel der Wahl werden. Eine transparente Bauland- und Immobilienentwicklung sowie Vergabe, muss neben den wirtschaftlichen Zielen vor allem auch den gesellschaftlichen Mehrwert in den Blick nehmen.

Eine Alternative zum Erlass von neuen Bebauungsplänen mit Veränderungssperren ist der Erlass einer Erhaltungssatzung nach §172 BauGB für alle betroffenen Bereiche, um Wohnraum zu schützen und die Eigenart der Viertel zu bewahren. Die Kommune könnte  dann in diesen Bereiche gezielt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen nach §24 I 4 BauGB, Grundstücke die zum Verkauf stehen erwerben und sie mit der Methode der Konzeptvergabe demjenigen veräußern, der nicht den maximalen Profit sucht, sondern der das beste Konzept zur Entwicklung des Wohnviertels vorweisen kann.

Wir müssen uns gedanklich nur mal vorstellen, wie  Hamminkeln in ein paar Jahren aussieht, wenn die Stadt Investoren überall Geschosswohnungsbau nach dem Zufallsprinzip ermöglichen würde. Im Zweifel werden die Stadt Hamminkeln und ihre Ortsteile dann das verloren haben, was sie einst attraktiv gemacht  hat.

von Thorsten Kasparek

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