In Dingden macht sich Unmut breit, da Investoren Immobilien in Wohnvierteln erwerben, die bisher von Einfamilienhäusern geprägt waren und dort Mehrfamilienhäuser mit Staffelgeschossen bauen. Das verändert aus Sicht der betroffenen BürgerInnen nicht nur den Charakter der Viertel, sondern führt auch zu strukturellen Problemen wie zum Beispiel dem Verlust der Privatsphäre in den Gärten, einer verschlechterten Parkplatzsituation und in der Konsequenz sogar zum Wertverlust von Grundstücken.

Mit dem Integrierten Kommunalen Entwicklungskonzept (IKEK) „Zukunft Hamminkeln 2030+ | Unser Dorf | Unsere Stadt | Gestalten und Entwickeln“ wurde das Ziel formuliert die Attraktivität Hamminkelns als Wohnstandort zu erhalten, wenn möglich zu steigern und die gewachsenen Strukturen und Identitäten verschiedener Ortsteile im Stadtgebiet zu wahren. Die zu beobachtende Entwicklung steht aber im Widerspruch mit diesen Zielen der Stadtplanung, da die getroffenen Entscheidungen den Charakter der unterschiedlichen Wohngebiete verändern. Es mag vielleicht ein Bedarf an Mehrfamilienhäusern und barrierefreiem Geschosswohnungsbau vorhanden sein, aber Stadtplanung darf sich nicht allein von den ökonomischen Interessen der Investoren bestimmen lassen, frei nach dem Motto: Investoren haben einen Bedarf an Profit, die Stadt hat einen Bedarf an Geschosswohnungen also wird zusammen geführt, was zusammen gehört, dort, wo es rechtlich gerade möglich ist und Investoren Immobilien erwerben können.

Und rechtlich möglich ist es mittlerweile nicht mehr nur im unbeplanten Innenbereich, wenn die zuständige Verwaltung eine Baugenehmigung erteilt mit Hilfe des Einfügungsgebots nach §34 BauGB oder bei Neubaugebieten. Es ist mittlerweile auch in allen Ortsteilen Hamminkelns möglich, in denen es alte Bebauungspläne gibt, deren Wirksamkeit vor Gericht in Frage gestellt werden kann. In einem Urteil vom 16.02.2021 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Klage eines Investors stattgegeben und den Bebauungsplan Nr. BO2 “Am Friedhof“ in Dingden für unwirksam erklärt wegen unbestimmten bzw. unbestimmbaren Sockel und Drempelhöhen (siehe Verwaltungsgericht Düsseldorf, 28 K 2377/19).  Das führt in der Konsequenz dazu, daß in dem Bereich des unwirksam gewordenen Bebauungsplans wieder Baugenehmigungen mit Hilfe des Einfügungsgebots erteilt werden können.

Dieser Einzelfall wird Schule machen bei den Investoren, wenn die Politik dem keinen Riegel vorschiebt. Sie reagiert zwar auf die Situation durch den Druck aus der Bevölkerung und fordert Bebauungspläne und Veränderungssperren, aber die letzteren können überhaupt erst erlassen werden, wenn ein Mindestmaß an planerischen Vorstellungen vorliegt und ein Aufstellungsbeschluss gefaßt wurde. Bebauungspläne als Instrument der Bauleitplanung alleine ersetzen kein fehlendes, stadtplanerisches Gesamtkonzept. Ganz im Gegenteil, je nachdem wie sie ausgestaltet werden, können sie die Probleme weiter verschärfen.

Eins ist zumindest durch die Proteste aus der Bürgerschaft klar geworden: Stadtentwicklung kann sinnvollerweise immer nur zusammen mit den BürgerInnen betrieben werden und sollte städtebaulichen Qualitätsmaßstäben entsprechen. Baugenehmigungen über das Einfügungsgebot nach §34 BauGB zu erteilen, darf nicht zum Mittel der Wahl werden. Eine transparente Bauland- und Immobilienentwicklung sowie Vergabe, muss neben den wirtschaftlichen Zielen vor allem auch den gesellschaftlichen Mehrwert in den Blick nehmen.

Eine Alternative zum Erlass von neuen Bebauungsplänen mit Veränderungssperren ist der Erlass einer Erhaltungssatzung nach §172 BauGB für alle betroffenen Bereiche, um Wohnraum zu schützen und die Eigenart der Viertel zu bewahren. Die Kommune könnte  dann in diesen Bereiche gezielt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen nach §24 I 4 BauGB, Grundstücke die zum Verkauf stehen erwerben und sie mit der Methode der Konzeptvergabe demjenigen veräußern, der nicht den maximalen Profit sucht, sondern der das beste Konzept zur Entwicklung des Wohnviertels vorweisen kann.

Wir müssen uns gedanklich nur mal vorstellen, wie  Hamminkeln in ein paar Jahren aussieht, wenn die Stadt Investoren überall Geschosswohnungsbau nach dem Zufallsprinzip ermöglichen würde. Im Zweifel werden die Stadt Hamminkeln und ihre Ortsteile dann das verloren haben, was sie einst attraktiv gemacht  hat.

von Thorsten Kasparek